Geiranger und Trollstigen

Wer hätte gedacht, dass eine Bustour so interessant sein kann?

Text: Josefine Spiro

Die Havila Capella legt nicht am Kai von Geiranger an, stattdessen gelangen wir durch einen Gangway auf eine Passagierfähre, die uns an Land bringt.

Wir versammeln uns an Deck der Fähre und winken Havila Capella auf Wiedersehen.

Neben ihrem Nachbarn – einem riesigen deutschen Kreuzfahrtschiff - sieht sie winzig aus, während sie in diesem kleinen, leisen Hafen auf ihre Gäste wartet.

Vom Kai aus steigen wir in die wartenden Busse ein, um die geführte Tagestour zu starten, die uns die besten, spektakulärsten Landschaften der westnorwegischen Küste zeigen soll.

Vor uns liegt eine achtstündige Busfahrt mit Stopps für Fotos und Sehenswürdigkeiten auf dem Weg. Inklusive zweier Autofähren durch die Fjorde.

Weil viele italienische Gästen dabei sind, hat Havila Voyages extra einen Bus mit einem italienischen Reiseführer gebucht, damit sie jedes Wort während der Tour verstehen können.

Die Restlichen von uns steigen in einen Bus ein, mit einem jungen, lächelnden Amerikaner namens Dominic Arnosti.

Er wird die Tour auf Englisch und Deutsch machen – was er beides fließend spricht. Ich habe ihn gefragt, was ihn nach Norwegen gebracht hat.

„Ich wollte schon immer zum Arbeiten nach Norwegen. Der Job als Touristenführer hat dies möglich gemacht“, sagt er.

Sein Enthusiasmus ist offensichtlich. Wir setzten uns zurück, bereit den Tag zu genießen. Unser geführter Tag dauert mehrere Stunden an und endet in der Stadt Molde, wo wir in einem Hotelrestaurant zu Abend essen, bevor wir wieder auf die Havila Capella gehen.

Geiranger bis Ørnesvingen
(Adler-Runde)

Der Bus fährt den Weg auf der Bergroute hoch bis nach Ornesvingen. Hoch, Hoch, fahren wir – um neun haarsträubenden Haarnadelkurven, jede mit eigenem Namen und dramatischer Aussicht.

Auf unseren Weg nach oben sah ich zwei kleine Hütten auf der Aussichtsplattform einer Klippe, welche aus der Bergwand hervorlugten. Es ist schwer auszudenken, wer (oder wie?) jemand da leben könnte, aber die Aussicht allein ist die Anstrengung wert.

Wir stoppen an der letzten Haarnadelkurve: „Ornesvingen“ (Adler-Runde).

Es ist die höchste, atemberaubendste von allen. Von hier aus können wir den ganzen Geirangerjord sowie den berühmten Sieben Schwestern Wasserfall sehen, der aus dem bloßen Gestein läuft und hunderte von Metern tief fällt.

Das ist ein Selfie wert...

Ørnesvingen bis Gudbrandsjuvet

In Gudbrandsjuvet stoppen wir an einem Touristencenter neben einer engen Schlucht, um uns den Valldøla Fluss anzusehen. Seit tausenden von Jahren hat der Fluss ein ganzes System von Steinformationen und Schlaglöchern geformt, welche man von den Aussichtsplattformen gut erkennen kann. Ich machte mich auf den Weg zu einer von ihnen, bis ich Dominic sah und ihm ein Kompliment zu seiner Sammlung amüsanter Fakten über Norwegen gab, die die Touristen sehr zum Lachen brachte.

„Ich bin privat eigentlich eher introvertiert, aber ich genieße es ein Tourguide zu sein und fühle mich in der Rolle am wohlsten“, antwortet er.

Sein Kommentar bringt mich zum Lächeln, während ich rüber zur Schlucht laufe, um ein Foto vom Wasserfall zu machen, der hier in das eisblaue Wasser stürzt.

Gutbrandsjuvet nach Trollveggen

Wir fahren weiter auf der Bergroute und passieren Bäche, keine Flüsse mit Wasserfällen, Häuser aus Holz, die idyllische, grüne Rasendächer haben. Dominic erklärt, dass diese Dächer eine alte norwegische Tradition sind, in der prähistorischen Zeit. Der Rasen hat die Häuser warm und trocken gehalten während der langen kalten Winter.

Grassode, oder Rasendächer waren die verbreitetste Bauweise von Dächern im ländlichen Norwegen und anderen skandinavischen Ländern, bis in das späte 19. Jahrhundert. Zusammengelegte Rasenstreifen, die über der Birkenrinde der Häuser lagen, hielten sie die Dächer der Häuser warm und trocken während der langen Winter. Einige dieser Rasendach-Häuser existieren noch in Norwegen und sogar im Mittleren Westen der USA, wo sich Generationen von norwegischen Einwanderern niederließen.

Wir sind auf den Trollstigen (dem Troll-Weg), einem schlangenförmigen Bergweg, der nur im Sommer befahren werden kann. Der Trollstigen an sich ist nicht besonders lang, doch der Gebirgspass reicht bis zum gleichnamigen, kleinen Ort – bekannt für seine Erdbeeren.

„Hier oben gibt es Reintiere und vielleicht könnt ihr Moschusratten sehen“, sagt Dominic. Alles, was wir jedoch momentan sehen, sind faule Schafe, die am Rand der Straße liegen.

Bei einer Steigung von 10 Prozent und elf haarsträubenden Haarnadelkurven, erreicht der Trollveggen eine Höhe von 850 Meter über den Meeresspiegel.

Jetzt gerade liegt Nebel über dem gesamten Bereich.

Als wir aus dem Bus steigen und den höchsten Aussichtspunkt 200 Meter über der Straße zu besuchen, ist die Aussicht weiß wie der Schnee.

Aber die Touristen sind nicht enttäuscht. Dieser sonderbare Nebel und sein magischer Effekt auf die Landschaft ist genauso zufriedenstellend wie ein sonniger Tag.

„Wir werden mehr auf dem Weg wieder runter sehen können“, glaubt Dominic. Deswegen begrenzen wir den Sehenswürdigkeiten-Stopp auf 15 Minuten, jedoch erweitert er sich schnell auf 25 Minuten, weil manche Passagiere es nicht rechtzeitig zurückschaffen. Das ist aber egal. Wir haben genug Zeit, unsere nächste Fähre zu erwischen.

Wir sehen nicht mehr viel vom Trollpfad weiter unten auf der Straße, aber die Landschaft ist trotzdem wunderschön. Sehen Sie die Brücke in der Mitte des Bildes?

Auf unseren Weg zurück zum Fuße Trollveggens fahren wir an ein paar amüsanten Troll-Skulpturen vorbei, wie einer dreiköpfigen Kreatur, einer mit Augen, die im Dunkeln leuchten, einer anderen auf einem Motorrad und einer dritten, die eine Eistüte hielt.

Trollveggen (Die Trollwand

Das sollte man auf keinen Fall verpassen. Mit 1.000 Metern ist Trollveggen die höchste Bergwand im Norden Europas.

Die Trollveggen im Romsdalen

Die Trollveggen im Romsdalen

Obwohl der Berg schon ewig dort steht, konnten erst 1965 die ersten Kletterer diesen Berg erfolgreich bis zur Spitze erklimmen. So unglaublich es klingt: zwei Teams, ein norwegisches und ein britisches haben es mit einem Tag Abstand geschafft.

The story of conquering the massive Trollveggen (The Troll Wall) is an amazing one. By sheer coincidence, Norwegian and British teams, both consisting of four young men, would try their hand at Trolveggen at the very same time. In the media, it was portrayed as a race, but in reality, the two teams knew nothing about each other before meeting on the train station in Oslo, on their way to the Wall. On their way, they exchanged information and helped each other to prepare for the big challenge.

The Norwegian team reached the top in 15 days of climbing. The British mastered the same feat the following day. Since then, the wall has been successfully climbed many times, but the first accent has gone down in the history books.

Wir parken am Besucherzentrum Trollveggen.

Auf dem Rasen neben dem Eingang steht ein kleines, altmodisches Polizeiauto. Es ist kein Zufall.

Für eine lange Zeit standen Polizeiwagen am Fuße des Berges, um die aufzuhalten, die einen Fallschirm mit auf den Berg nehmen wollten..

Die Wand hat jahrelang Fallschirmspringer angezogen, jedoch wurde der Sport seit 1986 verboten, aufgrund der vielen Unfälle. Es ist der einzige Berg in Europa mit so einem Verbot.

Im Touristencenter bekamen wir Getränke und ein frisches Stück Apfelkuchen und hatten die Möglichkeit, eine aufregende Dokumentation über den dramatischen ersten Aufstieg und das Fallschirmspringen von Trollveggen zu sehen. Manche von uns haben noch den kleinen Shop besucht, bevor es zurück zum Bus ging, um zu unserem letzten Stopp Molde zu fahren, eine Strecke mit zwei Fähren auf dem Weg.

Dort werden wir dann wieder auf die Havila Capella treffen – nach einem Buffet-Abendessen im Hotel Alexandra Molde (wo ich ein nettes Paar aus Deutschland treffe, das mir die Geschichte erzählt, wie ein Geburtstagsgeschenk die beiden nach Norwegen und auf die Havila Capella brachte – und, laut diesen erfahrenen Reisenden, auf ihre mit Abstand beste Reise.)

 

Fortsetzung folgt…

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